Archäologie Im Landkreis Erding

Archäologie im Landkreis Erding

AVE strebt an, in der archäologischen Vereinslandschaft Bayerns neue Maßstäbe zu setzen und Impulse eines ganzheitlichen Ansatzes zu liefern klar definiert über seine Aktivitäten und Ziele als vielschichtiges Netzwerk.

Dazu gehört neben den klassisch-archäologischen Zielen wie dem Schutz, der Erforschung und notfalls der Rettung von gefährdeten Bodendenkmälern eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, die helfen kann, die interessierten Landkreisbürger, egal ob jung oder alt, an die Archäologie als Instrument der regionalen Geschichtsforschung unserer Heimat heranzuführen und zu begeistern.

Das archäologische Tätigkeitsfeld von AVE ist durch Aktivitäten in Form von organisierten systematischen Feld- bzw. Geländebegehungen und von der Durchführung sog. Rettungsgrabungen geprägt, beides in engster Absprache und Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege in München sowie den betroffenen Grundstückseigentümern bzw. Bauherren.

Laufende und jüngst abgeschlossene Projekte von AVE

Lindum in der Steinzeit - Trasse der A94
Finderglück: AVE-Mitglieder nach einem erfolgreichen Begehungstag im Bereich Lindum auf der zukünftigen Trasse der A94. Foto: Harald Krause.

Finderglück: AVE-Mitglieder nach einem erfolgreichen Begehungstag im Bereich Lindum auf der zukünftigen Trasse der A94. Foto: Harald Krause.

Der Archäologische Verein Erding (AVE) geht systematisch auf der zukünftigen Trasse der A94 im Isental auf die Suche nach den Spuren unserer Vorfahren.

Vergangenes Wochenende war es soweit: Die ersten systematischen Feldbegehungen (sog. archäologischen Surveys) auf der zukünftigen Autobahntrasse im Isental konnten mit 12 AVE-Vereinsmitgliedern gemeinsam mit dem Erdinger Archäologen Harald Krause durchgeführt werden. Die Begehungen, die zum Ziel haben, bisher unbekannte Fundstellen der Vor- und Frühgeschichte durch vom Ackerboden aufgesammelte Lesefunde zu lokalisieren, wurden im Vorfeld bestens organisiert. Werden dabei neue Fundstellen entdeckt, können dort rechtzeitig in den Straßen-Bauablauf eingebunden archäologische Ausgrabungen vor der endgültigen Zerstörung durch die Erdarbeiten durchgeführt werden. Die Begehungen liefern damit für die Autobahndirektion ein Stück Planungssicherheit. Ferner fanden sie in enger Absprache mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) statt.

Der im mittleren Isental seit vielen Jahren ehrenamtlich für die heimische Bodendenkmalpflege aktive Andreas Schöneck holte rechtzeitig bei allen relevanten Grundstückseigentümern zwischen Watzling und Lindum die Betretungserlaubnis für die Felder persönlich ein. Die Aufsammlungen wurden nur auf Flächen durchgeführt, die aktuell mit Mais bestanden sind. So wird beim Gehen in den Mais-Reihen keinerlei Flurschaden angerichtet. Wichtige Lesefunde wurden via GPS eingemessen. Oberhalb von Watzling konnten keine Siedlungsnachweise aufgelesen werden, im Bereich östlich und nördlich von Lindum jedoch sehr wohl. Dort ist bereits vor ca. 20 Jahren eine Fundstelle durch Luftbildarchäologie entdeckt worden und als Bodendenkmal in die bayerische Denkmalliste eingetragen worden. Die Begehungen oberhalb des Tales von Isen und Lappach zeigten jedoch, dass das prähistorische Siedlungsareal jedoch weitaus ausgedehnter ist, als bisher angenommen. Funde von Keramikscherben und von Feuersteinwerkzeugen belegen eine Siedlungsaktivität bereits zum Ende der Jungsteinzeit bzw. zum Beginn der Frühen Bronzezeit (ca. 2500 bis 2000 v.Chr.). Weiter konnte durch zahlreich ausgepflügt Eisenschlacke der Standort eines ehemaligen Rennfeuerofens zur Gewinnung von Eisenerz entdeckt werden. Wie alt dieser ist, ob er also z.B. bereits aus der Keltenzeit stammt, konnte anhand der Lesefunde nicht belegt werden. Eine einzelne keltische Scherbe weist zumindest zaghaft darauf hin. So werden wann auch immer dort die Bagger zum Bau der A94 tatsächlich anrollen werden an dieser Stelle fach- und sachgerechte bauvorgreifende Ausgrabungen stattfinden.

Nach der Reinigung und wissenschaftlichen Bestimmung des Fundgutes hauptsächlich zerscherbte Gefäßkeramik des Mittelalters und der Neuzeit, welche einst über Jahrhunderte mit dem Stallmist auf die Felder aufgebracht wurde wird ein fundierter Fundbericht an das BLfD verschickt werden. Dort wird schließlich die Entscheidung fallen, wie und in welchem Umfang dort Ausgrabungen stattzufinden haben. Die Begehungen im Isental sind deshalb von so großer Bedeutung, da leider auf der geplanten Autobahntrasse bisher kaum vorgeschichtliche Siedlungsplätze bekannt geworden sind. Ohne dessen Kenntnis würden jedoch keine Ausgrabungen stattfinden und somit Geschichtsquellen des Erdinger Landkreises für immer verloren gehen. Die fleißigen Sammler zeigten sich begeistert, so werden auch zukünftig mit Ihrer Hilfe weitere Begehungen stattfinden können. Aber nicht nur auf der A94, denn es stehen im Landkreis Erding in den kommenden Jahren bekanntermaßen noch weitere, die Landschaft durchschneidende lineare Bauprojekte an.

Durch den Einsatz der AVE-Mitglieder konnte trotz großer Hitze ein Stück Geschichte neu geschrieben werden, sie folgten damit dem Motto, das bereits 2009 bei Ausgrabungen auf der A94 bei Pastetten ins Leben gerufen wurde: „Die A94 bringt Geschichte zurück“. Interessierte Bürgerinnen und Bürger aus dem gesamten Landkreis können sich gerne auf der Homepage des AVE (www.archaeologischer-verein-erding.de) informieren und sich melden, sofern sie selbst einmal aktiv an der archäologischen Erdinger Geschichtsschreibung teilnehmen wollen!

Harald Krause

Systematische Feldbegehungen

im Areal von Luftbildfundstellen „vor- und frühgeschichtlicher Zeitstellung“ im Landkreisgebiet von Erding zur Klärung dessen Alter, Erhaltungszustand und Gefährdungspotentialen mit umgehender Meldung an das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege. Hierzu zählen sämtliche in intensiv ackerbaulich genutzten Landkreisteilen liegende bekannte Bodendenkmalgruppen wie verebnete Grabhügelfelder, Siedlungen und Grabenwerke.

Systematische Geländebegehungen in Wald- und Grünlandarealen

im Landkreisgebiet und angrenzenden Gebieten zur Lokalisierung bisher unbekannter obertägiger Bodendenkmäler und zur Kartierung von Kulturlandschaftselementen wie Wölbackerbeeten, Hohlwegbündeln, Kohlemeilern etc. Basis der Geländearbeit ist die systematische Auswertung digitaler Geländemodelle zur Eingrenzung von „Vermutungsflächen“. Aktuell bildet sich zu diesem spannenden Thema ein eigener Arbeitskreis innerhalb des AVE e.V. Interessierte sind jederzeit herzlich wilkommen!

Bauvorgreifende systematische Feldbegehungen

im Bereich von sog. Linearen Großprojekten (z.B. Straßen-, Bahn- und Erdgasleitungsbau) in enger Absprache und Koordination mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. Aktuell finden organisierte Begehungen auf dem Trassenkorridor der geplanten „Isentalautobahn“ BAB A94 zwischen Hammersdorf (Gde. Buch am Buchrain) und Dorfen (Stadt Dorfen) statt. Geplant sind ferner die Begehung der geplanten Trassen der Nordumfahrung von Erding, dem S-Bahnringschluss mitsamt Walpertskirchener Spange sowie die Umgehungsstraßenbauten entlang der B 388 bei Moosinning und bei Taufkirchen (Vils). Ziel der Begehungen ist es, rechtzeitig im Vorfeld einer Baumaßnahme Planungssicherheit im Bauablauf durch präzise Fundstellenkenntnis zu bieten.

Durchführung von Lehrgrabungen für Vereinsmitglieder

beispielsweise im Verbund mit dem „Archäologischen Arbeitskreis am Museum Erding“ sowie ausgewählten privaten Grabungsfirmen und/oder dem BLfD im Rahmen von bauvorgreifenden archäologischen Ausgrabungen im Bereich bekannter Bodendenkmäler nach dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz (DSchG) zur Reduzierung der Grabungskosten für den Bauherren im Rahmen ehrenamtlicher Kooperationsmodelle.

Im Oktober 2012 fand eine Lehrgrabung bei Kirchstetten, Dorfen statt

Der AVE war hierbei Kooperationspartner einer Privatinitiative, an der AVE-Mitglieder bei Interesse teilnehmen konnten. Im Rahmen des Modellprojektes „Archäologie & Ehrenamt“ war es möglich, innerhalb eines stark durch Bodenerosion gefährdeten Bodendenkmals in Zusammenarbeit mit dem BLfD archäologischen und geoarchäologischen Fragestellungen unter fachkundiger Leitung eines eigens dafür eingesetzten Archäologen nachzugehen. Fotoeindrücke dieser Maßnahme finden Sie in der Rubrik „Galerie“, dort unter „2012“ und unter „Kirchstetten_Rettungsgrabung_2012“. Diese Grabung fand in Kooperation mit dem Historischen Kreis Dorfen e.V. statt.

Bauvorgreifende Ausgrabung im Altortkern von Altenerding im März/April 2011

AVE konnte hier mit 10 Mitgliedern in Kooperation mit der zuständigen Grabungsfirma an zwei Arbeitstagen an der Ausgrabung teilnehmen. Wir konnten ein vermutlich früh- oder hochmittelalterliches Grubenhaus (ein ehemaliger Erdkeller) im Kreuzschnitt unter der Leitung des Archäologen Harald Krause dokumentieren bzw. sach- und fachgerecht ausgraben und die Funde daraus nach Schichten und Quadranten unterteilt sorgfälltig bergen. Für viele AVE-Mitglieder war dies die erste Grabungserfahrung, sie konnten so fundierten Einblick in die Arbeitswelt bauvorgreifender Notgrabungen erhalten. An dieser Stelle ergeht ein herzlicher Dank an alle Freiwilligen, die sich teils extra für die Grabungsarbeit einen Tag Urlaub genommen haben!

Forschungsgrabung des Instituts für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie der Ludwig-Maximilians-Universität München in Aufhausen/Bergham im August/September 2012

Ehrenamtliche Kräfte des AVE und des Archäologischen Arbeitskreises am Museum Erding konnten in Aufhausen/Bergham unterstützend tätig werden. Dort wurde bauvorgreifend für einen neuen Containerstandplatz eine Ausgrabung im Bereich einer seit 1995 bekannten frühmittelalterlichen Wüstung notwendig. Neben Befundentnahme und Funddurchsicht konnte beim aufwändigen Schlämmen der Bodenproben aus z.B. Brunnen und Grubenhäusern an 5 Tagen geholfen werden.

Ehrenamtliche Grabungshilfe im Zuge eines privaten Bauvorhabens am Petersbergl in Altenerding im September 2012

Hier konnte AVE bei der Durchsicht nach Fundmaterial aus einem verfüllten Graben des Mittelalters bzw. der Neuzeit unterstützend tätig werden.

Systematische Feldbegehungen zur Erforschung der "Keltischen Kulturlandschaft" bei Niederwörth und Pretzen im Mai 2013

Zahlreiche AVE-Mitglieder und Interessierte nahmen an den Feldbegehungen teil. Ziel war es im Nahbereich von keltischen Viereckschanzen Siedlungsreste aufzuspüren. Die Begehungen fanden in den Reihen des jungen Maisbewuchses statt, sodass kein Flurschaden entstand. Neben keltischen und vorgeschichtlichen Keramikscherben und Eisenschlacken konnte neben viel mittelalterlich-neuzeitlichem Scherbenbruch (der durch die Landwirte über die Jahrhunderte auf die Felder mit dem ausgebrachten Mist und Dung auf die Flächen gelangt ist) auch ein keltisches Glasarmreiffragment entdeckt werden. Die Begehungen werden 2014 fortgesetzt.